DRM

Sepp Wiegand: „Sehe uns nicht als DRM4-Titelfavoriten“

Der ehemalige Škoda-Werksfahrer Sepp Wiegand gibt ein Comeback in der Deutschen Rallye-Meisterschaft. Der 34-Jährige über seine Pläne, Ziele und warum er sich nicht als Favorit in der DRM4 sieht.

Vizeeuropameister, WRC2-Sieger bei der Rallye Monte-Carlo, Zweiter im ADAC Rallye Masters, Gewinner des ADAC Junior Cup – die Erfolgsliste von Sepp Wiegand ist lang. Nach einer Handvoll Rallyes in den vergangenen Jahren kehrt der 34-Jährige nun in die deutsche Meisterschaft zurück und tritt mit einem Opel Corsa Rally4 von Waldherr Motorsport in der DRM4 an.

Wie kommt es, dass du in diesem Jahr in die DRM zurückkehrst?
Sepp Wiegand:
„Ich bin in den vergangenen fünf Jahren wegen der schweren Krankheit meines Stiefsohnes nur sehr wenig gefahren. Meine Kräfte wurden einfach zuhause in der Familie gebraucht. Nachdem wir Nils im Februar 2024 gehen lassen mussten, war und ist natürlich alles sehr schwierig. Mein Beifahrer Christoph Gerlich und mein Teamchef Luca Waldherr haben immer wieder versucht, mich wieder zum Fahren zu motivieren. Ich habe mich anfangs bedeckt gehalten, aber sie haben es dann tatsächlich geschafft. Ich bin mir sicher, dass Nils das gefallen würde. Wir haben dann geschaut, ob wir das Projekt für 2025 auch finanziell realisieren können. In vielen Gesprächen ist es uns gelungen, meine alten und auch neue Sponsoren zu überzeugen, dabei zu sein.“

Auf welche Rallyes freust du dich am meisten?
„Ein Highlight ist natürlich der Saisonauftakt im Erzgebirge. Das ist eine tolle Gelegenheit, sich vor heimischem Publikum zu präsentieren. Zu den anderen Rallyes kann ich gar nicht so viel sagen, es ist teilweise viele Jahre her, dass ich sie bestritten habe. Die Prüfungen der Rallye Mittelrhein kenne ich teilweise noch von der Rallye Deutschland und zu Sulingen fällt mir noch eine kleine Anekdote ein: Dort musste ich 2011 auf dem IVG-Gelände im Suzuki Swift auf einer Prüfung gleich drei vor mir gestartete Autos überholen, da ich auf sie aufgelaufen bin. Das ist mir seitdem nie wieder passiert. Unsere genaue Planung steht bisher nicht fest. Wegen des neuen Reglements können wir nur sechs von sieben DRM-Events zum Punktesammeln nominieren. Davon werden dann die fünf besten Ergebnisse gewertet. Man muss deswegen taktisch vorgehen. Wir entscheiden im Saisonverlauf, wo wir antreten werden.“

Wie sah deine Vorbereitung aus?
„Das Auto wurde von Waldherr Motorsport über den Winter revidiert und wir haben in der vergangenen Woche einen Testtag in Österreich absolviert, bei dem auch Timo Schulz dabei war. Es war eine Art Erwachen aus dem Winterschlaf, aber auch ein Funktionstest für das Auto. Eine Testrallye werden wir bis zur ‚Erze‘ jedoch nicht bestreiten. Aber es ist für mich sehr spannend, wieder regelmäßig an den Start zu gehen. Zuletzt bin ich ja praktisch immer ohne Vorbereitung gefahren und habe jedes Mal praktisch wieder bei null angefahren.“ 

Wie schätzt du die Konkurrenz ein?
„Das DRM4-Feld ist sehr stark. Es gibt erfahrene Fahrer und viele junge, schnelle Talente, die ich noch gar nicht richtig kenne. Die sind in den letzten zwei Jahren teilweise wahrscheinlich mehr Rallyes gefahren als ich in den vergangenen zehn Jahren. Wir müssen erstmal schauen, wo wir stehen und wie schnell wir zurechtkommen. Die Leistungsdichte wird sicher sehr hoch sein.“

Siehst du euch aufgrund deiner Erfahrung und Karriere als Titelfavoriten in der DRM4?
„Mir ist bewusst, dass wir die Favoritenrolle zugespielt bekommen. Mit dieser Rolle musste ich schon früher leben, es wurde immer erwartet, dass ich vorn dabei bin. Daran habe ich mich gewöhnt. Ich persönlich sehe mich aber gar nicht in dieser Rolle, ich sehe mich eher als Mitspieler. Für mich ist der Titelkampf völlig offen, auch wenn ich natürlich das möglichst beste Ergebnis einfahren möchte. Ich habe höchsten Respekt vor meinen Gegnern. Mich würde es sogar freuen, wenn der eine oder andere junge Fahrer mir das Leben schwer macht – was denke ich auch passieren wird –, denn Deutschland braucht schnellen Rallye-Nachwuchs. Ich freue mich auf ein tolles Miteinander, faire Kämpfe und tollen Sport.“

Fotos: Sepp Wiegand/Keane Design, Škoda
Text: Lars Krone/Power Stage Images