DRMMagazin

ADAC Opel e-Rally: Experiment oder Konzept für die Zukunft?

In einer Pressemitteilung von Ende August kündigten der ADAC und Opel ihr gemeinsames Projekt für die Nachwuchsförderung an.

“Mit dem ADAC Opel e-Rallye Cup startet 2020 der weltweit erste Rallye-Markenpokal für Elektrofahrzeuge. Für den e-Rally Cup bietet Opel den weltweit ersten batterie-elektrischen Rallyewagen für den Kundensport an.”

Weiter heißt es: „Der neue Renner leistet 100 kW/136 PS bei einem maximalen Drehmoment von 260 Newtonmeter aus dem Stand. Das Entwicklungsprogramm des Opel Corsa-e Rally läuft in Rüsselsheim auf vollen Touren. Geplant sind zunächst 15 Stromer für den ADAC Opel e-Rally Cup 2020/2021. Der Fahrzeugpreis bei Opel Motorsport wird für Kundenteams deutlich unterhalb von 50.000 Euro (netto) liegen.“

Hermann Tomczyk dazu: „Wir bringen mit dem ADAC Opel e-Rally Cup Elektroantriebe jetzt erstmals in den Breitensport und vor allem in die Nachwuchsförderung. Gerade in der Nachwuchsförderung eröffnen uns das innovative Konzept und die Zusammenarbeit mit der Groupe PSA neue Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, dass der ADAC Opel e-Rally Cup weit über die Grenzen von Deutschland hinaus eine Signalwirkung für den Motorsport hat.“ 

Als selbst aktiver Motorsportler fallen mir dazu natürlich gleich ein paar Dinge ein. Ganz praktische Angelegenheiten, wie zum Beispiel zur Sicherheit der Fahrer. Wir werden Kurzschlüsse vermieden? Vor nicht allzu langer Zeit gab es doch das Beispiel des Sebastian Vettel in der Formel 1, dessen Auto nach einem Ausfall möglicherweise komplett unter Strom stehen konnte.

Oder im Falle eines Unfalls bei einem Brand. Konventionell angetriebene Rallyeautos haben eine Feuerlöschanlage, Elektroautos werden im Straßenverkehr kontrolliert ausbrennen lassen. Welche Maßnahmen sind also hier vorgesehen, die dann auch noch bewusstlose oder eingeklemmte Fahrer schützen?

Aufgrund meiner Anfrage versichert Opel Motorsport “… dass die Sicherheit in diesem Projekt oberste Priorität genießt. Der DMSB setzt hier sehr hohe Standards, die der Corsa-e Rally entweder voll erfüllt oder deutlich übertrifft. Was sicherlich auch teilweise der Tatsache geschuldet ist, dass das Fahrzeug auf dem Serienmodell basiert, das über umfassende Sicherheitsvorkehrungen verfügt. Zusätzlich werden spezifische Maßnahmen getroffen, welche die Sicherheit für den Rallyeeinsatz nochmals erhöhen. Das gesamte Sicherheitskonzept wird derzeit gemeinsam mit dem DMSB erarbeitet und im Detail zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht. Ich bitte um Verständnis, dass ich hier dem gemeinsamen Kommunikations-Fahrplan nicht vorgreifen möchte. Das Thema ist uns – Opel, ADAC und DMSB – auch in diesem Zusammenhang zu wichtig.”

Die Zeitpläne heutiger Rallyes sehen das Nachtanken der Fahrzeuge an öffentlichen Tankstellen oder Tankzonen vor. Die dafür notwendige Zeit ist im Zeitplan der Rallye mit eingeplant. Wie bitte soll dies funktionieren, wenn dazu – und sei es nur zu 80% der Ladekapazität – eine halbe Stunde oder länger von nöten sein sollte? 

Auch dazu nimmt Opel Motorsport aufgrund meiner Anfrage Stellung: “Der ADAC Opel e-Rally Cup wird über eine mobile Lade-Infrastruktur verfügen, sprich: einen Batterie-Truck mit einer Speicherkapazität von 2,1 Megawattstunden, der zehn Fahrzeuge gleichzeitig laden kann. Eine 100-kW-Ladeeinheit stellt sicher, dass ein Fahrzeug binnen 30 Minuten auf 80 Prozent geladen sein kann. 

Wir garantieren eine Reichweite von 60 WP-Kilometern mit einer Akkuladung, wobei wir die Akkus nie ganz leer fahren, sondern sicherstellen werden, dass alle Fahrzeuge aus Gründen der Chancengleichheit immer in einem gewissen Ladefenster bleiben. Für jede Rallye wird ein spezifischer Lade-Plan erarbeitet, für den alle WPs und Verbindungsetappen genau analysiert und ausgewertet werden. 

Daraus ergeben sich zwar keine Änderungen an WP- und Verbindungs-Distanzen eines DRM-Laufs, aber Anpassungen am Zeitplan, um die Ladezeiten sicherzustellen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, dass unser Autos zur Morgenschleife als erste und zur Nachmittagsschleife als letzte Teilnehmer rausfahren, um über den Mittag genügend Zeit fürs Laden und den Service zu haben. Dies wird, wie gesagt, individuell mit den Veranstaltern vereinbart.”

Mein Fazit dazu ist, dass sich die Verantwortlichen bereits heute doch auch um ganz praktische Fragestellungen kümmern und das Ganze offensichtlich nicht nur durch die Marketingabteilungen des ADAC und Opel forciert wird. 

Ob sich diese Art des Motorsports nachhaltig durchsetzt, wird die Zukunft zeigen. Ich persönlich glaube, dass die Faszination am Motorsports, und das gilt für Fahrer und Fans, nicht nur Fahrkönnen und Bestzeiten ausmachen, sondern das hier alle fünf Sinne bedient werden wollen.

Mich jedenfalls fasziniert der Sound eines 6-Zylinder-Boxermotors eines Porsches, die kernigen Ansauggeräusche eines BDAs oder eines 400ers oder das infernalische Geräusch des Ferrari-Motors in einem Lancia Stratos bei Nacht in den ligurischen Seealpen deutlich mehr, als die saubere Linie und Geschwindigkeit eines Rennautos alleine. Aber vielleicht bin ich ja auch zu sehr “Old School”?

Bericht: Lothar Bökamp
Foto: ADAC Motorsport