DRM

DRM2: Spannender Klassenkampf

Die Deutsche Rallye-Meisterschaft ist in diesem Jahr so stark besetzt wie lange nicht mehr. Und dies nicht nur in der Topkategorie. Auch in der DRM2 für zweiradangetriebene Fahrzeuge ist die Leistungsdichte hoch.

Das Starterfeld setzt sich aus vielversprechenden jungen Nachwuchsfahrern und erfahrenen Routiniers zusammen, die sich auf den Prüfungen enge Kämpfe liefern. Dies zeigte sich schon beim Saisonauftakt im Erzgebirge, wo in der DRM2-Wertung sechs verschiedene Fahrer Bestzeiten fuhren. Den Sieg holte sich schließlich Opel-Pilot René Noller. Der 20-Jährige wird in diesem Jahr gleich von zwei Förderprogrammen unterstützt: zum einen vom HJS-DRC – inklusive Coaching durch die erfahrenen Rallyepiloten Horst Rotter und Hermann Gassner junior – sowie vom neuen Motorsport Team Germany des DMSB und der ADAC Stiftung Sport. Auch wenn Noller seine erste komplette DRM-Saison bestreitet, geht er den Titelkampf selbstbewusst an. Nach den ersten beiden Läufen führt er schließlich die Tabelle an: „Das klar definierte Ziel ist der 2WD-Titel. Mit der sehr starken Konkurrenz wird das alles andere als einfach werden, aber ich werde alles daransetzen, um die gesteckten Ziele zu erreichen.“

Ebenfalls zu den „jungen Wilden“ zählt Nico Knacker. Im Vorjahr DRM2-Vizemeister im Opel Adam R2, wechselte der Norddeutsche für diese Saison in einen neuen Renault Clio Rally4. Auch für Knacker ist der Titel das große Ziel. Der 25-Jährige weiß jedoch: „Es wäre toll, wenn es mit der Meisterschaft klappen würde. Aber die Konkurrenz ist gegenüber dem vergangenen Jahr noch stärker geworden. Zudem haben praktisch alle Teilnehmer auf die aktuellsten Rally4-Fahrzeuge aufgerüstet.“ Schon beim zweiten DRM-Lauf, seinem Heimspiel in Sulingen, gewann Knacker im neuen Arbeitsgerät die Wertung für Fahrzeuge mit Zweiradantrieb. „Der Renault ist nicht so einfach zu fahren wie der Adam. Um mit dem Clio schnell zu sein, braucht man Erfahrung. Wir haben nach der Erzgebirge noch ein paar Sachen am Auto geändert. In Sulingen war das Vertrauen dann da und wir sind sehr gut zurechtgekommen. Ich hoffe, dass es so weitergeht. Ich bin schon gespannt, wie es bei den nächsten Rallyes laufen wird und welchen Anteil in Sulingen der Heimvorteil hatte. Aber es wird sicher wieder enger zugehen.“ Knacker baut im Titelkampf auch auf seine internationale Erfahrung. 2019 bestritt er eine Saison in der Junior-Rallye-Weltmeisterschaft. „Ich habe dort viel Erfahrung beim Fahren auf losen Untergründen gesammelt, da man in Deutschland selten auf Schotter fährt. Was ich dort auch gelernt habe, ist mit ‚Köpfchen‘ zu fahren. Im ADAC Opel Rallye Cup bin ich vorher sehr oft mit der Brechstange gefahren und oft ist das schief gegangen. In der WM habe ich dann gelernt, dass man nicht immer vorn dabei sein kann und man intelligent fahren muss, um ins Ziel zu kommen.“

NIco Knacker im neuen Renault Clio Rally4

Auch Routiniers am Start
Zu den Topfahren in der DRM2 zählen jedoch nicht nur junge Draufgänger, sondern auch Routiniers. Wie Raffael Sulzinger. Bereits 2012 holte er den Titel im ADAC Rallye Junior Cup, bevor es ihn auf die internationale Rallyebühne zog. Die letzte volle Saison absolvierte der Tittlinger 2016, wo er mit wechselnden Beifahrern im Ford Fiesta R2 den Titel in der FIA Central Rally Trophy für Fahrzeuge mit Frontantrieb holte. Seitdem startete er nur sporadisch, darunter 2021 bei der 3-Städte-Rallye, wo er überlegen die 2WD-Wertung gewann. „Nachdem es dort und auch bei einer Rallye Slowenien gut lief haben wir gesagt, dass es schön wäre, noch einmal die deutsche Meisterschaft zu fahren“, so Sulzinger. Im Winter erwarb der 36-Jährige daher einen Ford Fiesta Rally4, um damit die gesamte DRM2 zu bestreiten. Doch bisher fehlte Sulzinger das Glück. Bei einer Vorbereitungsrallye hatte er einen Unfall und musste bei den ersten beiden DRM-Läufen mit gemieteten Fiesta antreten. Sulzinger glänzte auch damit mit Bestzeiten. Technische Gebrechen und kleine Ausrutscher warfen ihn jedoch in den Endergebnissen im Erzgebirge und Sulingen zurück. „Die letzten Rallyes verliefen wirklich unglücklich“, so der Bayer. „Leider fehlt mir zuletzt auch etwas die Zeit, um mich optimal vorzubereiten und zum Beispiel Onboards zu schauen oder Fitness zu machen, da ich beruflich ziemlich eingebunden war. Aber das sollte ab Stemwede besser werden. Zudem kommt, dass ich zuletzt in Deutschland 2011/12 regelmäßig unterwegs bin und sich bei den Rallyes und Prüfungen seitdem einiges getan hat.“ Mit seiner Freundin und Beifahrerin Lisa Kiefer – sie gewann im vergangenen Jahr mit Alexander Merkel den 2WD-Titel – hat er jedoch erfahrene Unterstützung an seiner Seite: „Es hilft auf jeden Fall, dass sie im letzten Jahr schon in der DRM am Start war.“ Bei den nächsten Rallyes gilt es für Sulzinger das Pech abzuschütteln: „Wenn man so ein Projekt angeht – das ist ein offenes Geheimnis – kann das Ziel nur heißen, den Titel zu holen. Wir brauchen jetzt dringend gute Resultate, nicht nur wegen nur Meisterschaft, sondern auch weil die Saison noch nicht ganz durchfinanziert ist. Daher war vor allem Sulingen sehr frustrierend, wo wir am Ende durch einen Fehler noch den zweiten Platz verloren haben. Aber ich bin zuversichtlich und freue mich schon auf die nächsten Rallyes. Es macht richtig Spaß, mit so schnellen Jungs zu kämpfen, die auch noch unterschiedliche Autos fahren. Das war auch einer der Gründe, weshalb wir gesagt haben, dass wir in der DRM dabei sein wollen.“

Martin Christ im Opel Corsa Rally4

Debüt im eigenen Auto in Stemwede
Neu im Feld der Fahrer mit zweiradangetriebenen Autos ist Martin Christ. Der 42-Jährige war mit einem Mitsubishi Evo 2021 Gesamtdritter und NC1-Klassengewinner im ADAC Rallye Masters. Jetzt wagt er den Wechsel in die DRM2. „Ich wollte immer schon mal mit einem aktuellen Rallyeauto fahren“, so der Niedersachse. „Den Traum erfülle ich mir jetzt“. Den Umstieg vom Allradler zum Opel Corsa Rally4 hat er schnell bewältigt. Nach Patz vier und ersten Bestzeiten bei der „Erze“ wurde er in Sulingen Zweiter. „Vom Spaßfaktor liegt der Corsa ganz weit vorne. Um ehrlich zu sein, liegen mir Fronttriebler sogar etwas besser als Allradautos, obwohl wir mit dem Evo auch gut unterwegs waren. Dennoch war ich überrascht, dass wir schon so früh von den Zeiten her an den Jungs dran waren. Ich weiß aber auch, dass ich noch etwas Luft habe und den Opel noch besser kennenlernen muss. Das kommt einfach durch die Praxis.“ Christ ist beindruckt wie eng es in der DRM2 zugeht. „Die Konkurrenz ist wirklich schnell und hat einen klaren Erfahrungsvorsprung mit solchen Autos. Man darf sich keinen Fehler erlauben, denn auf einer normalen WP liegen die ersten vier, fünf Autos oft innerhalb von wenigen Sekunden. Da kann man verlorene Zeit kaum noch aufholen.“ Beim dritten DRM-Lauf, der Rallye Stemweder Berg Mitte Juni, startet der aktuelle Tabellenzweite erstmals im eigenen Corsa, dessen Auslieferung sich in den vergangenen Wochen immer wieder verzögert hatte. „Das macht für mich schon einen Unterschied, ob es das eigene oder ein gemietetes Auto ist. Beim Mietauto habe ich immer etwas Angst was kaputt zu machen, was folglich wieder Geld kostet. Beim eigenen Auto weiß ich, dass wir in unserer Karosseriewerkstatt selbst reparieren können. Das ist für mich vom Kopf schon ein Unterschied. Der Opel bekommt auf jeden Fall wieder ein auffälliges Design. Darauf können sich die Zuschauer schon freuen.“

Wer den DRM2-Titel holt, endscheidet sich Mitte Oktober bei der 3-Städte-Rallye. Dann will auch Vorjahresmeister Alexander Merkel wieder dabei sein. Der Franke tritt in 2022 voraussichtlich nur dort in der DRM2 an, da er aktuell das Praxisseminar seines Ingenieursstudiums absolviert. Merkel verfolgt das Geschehen aber aus der Ferne: „Die DRM2 ist mit Nico Knacker und Raffael Sulzinger stark besetzt. Ebenso mit dem routinierten René Noller, der eigentlich immer ankommt und wenig riskiert. Bei der Rallye Mittelrhein kennen die Wenigsten die Prüfungen, was sehr interessant werden sollte. Alles im allen ist es in diesem Jahr eine spannende Kiste.“

Text: Lars Krone
Fotos: Lars Krone/Power Stage Images