Rallye International

Timo Schulz im Interview: „Freue mich auf die Rallye-EM“

Timo Schulz zählt zu den vielversprechendsten Rallyetalenten in Deutschland. Im vergangenen Jahr gewann der 23-Jährige den ADAC Opel e-Rally Cup. Im Interview schaut er noch einmal auf seine Erfolgssaison zurück und spricht über seine Ziele und ersten Testfahrten als neuer Opel-Junior in der Rallye-Europameisterschaft.

Du hast als Serienneuling auf Anhieb den ADAC Opel e-Rally Cup gewonnen. War der Titelgewinn von Anfang an dein Ziel oder hast du die Saison als ein Lehrjahr gesehen?
Schulz: „Ich bin eigentlich immer mit dem Ziel herangegangen, das Ganze zu gewinnen. Ich habe die Saison daher auch nicht als Lehrjahr gesehen, obwohl der Corsa-e Rally für mich neu war und es auch einige gute Gegner gab, die mehr Erfahrung hatten. Aber am Ende hat es ja auch gut funktioniert.“

Wie fährt sich der e-Corsa? Sicher ganz anders als der Citroën C2 R2 mit dem du vorher gefahren bist …
„Es war auf jeden Fall eine Umstellung. Aber der Opel fährt sich sehr gut. Dank des niedrigen Schwerpunkts und der guten Gewichtsverteilung wegen der Batterie kann man an vielen Stellen deutlich schneller fahren als mit einem normalen Auto. Ein weiterer Unterschied ist zum Beispiel, dass man wegen des E-Antriebs nicht schalten muss. Wir hatten vor der Saison auf dem IVG-Gelände einen Testtag und da konnte ich mich eigentlich schon ganz gut auf das Auto einstellen. Beim Saisonauftakt in Sulingen gab es dann relativ viel Schotter, auf dem mir noch etwas Erfahrung mit dem Opel fehlte. Aber nach ein paar Metern hatte ich mich eingeschossen.“

Wie hast du dann die Saison erlebt?
„Eigentlich lief es schon beim ersten Lauf recht gut. Am Freitagabend haben wir auf dem Schotter ein bisschen Zeit verloren, am Samstag waren wir dann aber vorne dabei und sind am Ende Zweite geworden. Bei der zweiten Rallye in den Niederlanden lag ich in Führung, bis ich mir wie mehrere andere Cup-Fahrer auf einem ausgefahrenen Feldweg den Kühler beschädigt habe. Sonst hätte ich dort bereits gewinnen können. Stemwede war dann eine Rallye, die mir nicht so liegt. Danach kamen mit Österreich, meinem Heimspiel, der Saarland-Pfalz-Rallye, Frankreich und der 3-Städte-Rallye die Strecken, die mir mehr liegen – was man dann auch an den vier Siegen gesehen hat.“

Welche Rallye war dein persönliches Highlight?
„Die Rallye Mont-Blanc Morzine in Frankreich war auf jeden Fall etwas Besonderes. Die Kulisse dort mit den Alpen war wirklich mega. Auch die Streckenführung war toll. Dass ich dann auch noch bei den wechselnden Witterungsbedingungen mit so deutlichem Vorsprung gewonnen und mir damit vorzeitig den Titel gesichert habe, war unglaublich.“

Wie war denn die Resonanz auf den Titelgewinn?
„Es hat mich schon etwas überrascht, wie viel Aufmerksamkeit es gab. Es gab Berichte im Saarländischen Rundfunk, auf deren Facebookseite, im Fernsehen. Den Titelgewinn haben schon sehr viele Leute hier in der Region mitbekommen und das hat mich auch ein bisschen stolz gemacht.“

Neben dem ADAC Opel e-Rally Cup bist du noch ein paar weitere Rallyes gefahren. Bei der Rallye Oberehe bist du statt mit deinem Citroën mit dem rund 40 Jahre alten Ford Escort deines Vaters gefahren. Wie kam es dazu?
„Ich hatte am Tag der Rallye Geburtstag. Und da hat mich mein Vater gefragt, ob ich als Geschenk dort mit dem Escort fahren möchte. Da hab natürlich nicht nein gesagt. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Auf den ersten Prüfungen musste ich mich noch etwas umstellen, aber dann wusste ich, was mit dem Auto geht. Auch wenn immer noch Luft nach oben war, denn ich wollte ja auch nichts kaputt machen. Am Ende ist dann auf der letzten WP sogar noch der Klassensieg herausgesprungen.“

Als Belohnung für den Titelgewinn bist du in das ADAC Opel Rally Junior Team aufgestiegen. Wie wird dein Programm in diesem Jahr aussehen?
„Wir fahren die sechs Läufe der Junior-Rallye-Europameisterschaft. Darüber hinaus schauen wir gerade, welche sonstigen Veranstaltungen noch Sinn machen und mit welchem Auto wir dort fahren könnten. Ich kann aber sagen, dass ich in dieser Woche im Citroën mit Maresa Lade bei der Rallye Buten un Binnen fahren werde, denn ich habe richtig Lust auf das IVG-Gelände.“

Mit Michael Wenzel vertraust du in der ERC auf einen sehr erfahrenen Beifahrer …
„Genau. Michael ist einer der deutschen Beifahrer mit der meisten internationalen Erfahrung und hat auch schon einige WM-Läufe bestritten. Davon kann ich sicher profitieren.“

Du hast in der vergangenen Woche in Österreich den Opel Corsa Rally4, der von Stohl Racing eingesetzt wird, erstmals getestet. Wie waren deine Eindrücke?
„Es war wirklich cool. Wir sind mit dem Opel gleich zurechtgekommen und haben auf Asphalt einiges am Set-up ausprobiert. Der Corsa Rally4 ist sehr schnell und gut zu fahren. Insgesamt haben wir über 100 Kilometer auf Asphalt zurückgelegt. Um das Auto auch auf Schotter besser kennen zu lernen, bestreiten wir am ersten April-Wochenende den Saisonauftakt der ungarischen Rallye-Meisterschaft.“

Mit welchen Erwartungen gehst du in die Junior ERC?
„Die ersten drei ERC-Läufe werden sicher nicht einfach, da sie auf Schotter stattfinden. Zudem sind die Rallyes in Polen, Lettland und Schweden auch noch sehr schnell. Wir wollen möglichst viele Kilometer fahren und das Auto gut kennenlernen. Wenn am Saisonende etwas Richtung Top drei geht, wäre das das Tüpfelchen auf dem i.“

Du bist im Januar auch in das Motorsport Team Germany, dem Förderprogramm der ADAC Stiftung Sport und des DMSB, aufgenommen worden. Welche Bedeutung hat dies für dich?
„Ich habe mich natürlich sehr gefreut, als ich davon erfahren habe. Das ist ein tolles Programm. Man bekommt nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern profitiert auch in vielen anderen Bereichen wie Fitness, Mentaltraining, Sponsoring oder Medien. Ich hoffe, ich kann dieses Vertrauen mit guten Ergebnissen zurückzahlen.“

Der Kalender der Junior ERC 2023
20.–21. Mai Rallye Polen (POL)
17.–18. Juni Rally Liepāja (LVA)
07.–08. Juli Royal Rally of Scandinavia (SWE)
29.–30. Juli Rally di Roma Capitale (ITA)
19.–20. August Barum Czech Rally Zlín (CZE)
07.–08. Oktober Rally Hungary (HUN)

Interview: Lars Krone
Fotos: Opel, Timo Schulz