Mitropa Rally CupRallye International

Raffael Sulzinger meldet sich eindrucksvoll zurück

Sagenhafte 19 Monate absolvierte der Tittlinger Rallye-Pilot pandemiebedingt keine Veranstaltung. Die Wahl für das Comeback fiel auf die Rally Velenje, unweit der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Dieses Event ist Teil des Mitropa Rally Cups, der sogenannten „Europameisterschaft für Privatfahrer“. Die Besonderheit dabei ist neben der äußerst selektiven Streckenführung in den slowenischen Bergen, der extrem rutschige Asphalt – vielleicht noch in Erinnerung vom letzten Kroatien-Urlaub.

105 Teilnehmer aus 7 Nationen stellten sich der Herausforderung. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte der Fahrer vom MSC-Dreiburgenland e.V. im ADAC nur bei einem kurzen Test am Donnerstag die Gelegenheit, sich den „Rost abzuschütteln“. Bei modernen Rallyeautos gibt es unzählige Einstellungsmöglichkeiten. Umso hilfreicher war es, dass das erfahrene Team IK Sport bereits ein sehr gutes „Basis-Setup“ ausgearbeitet hatte. Freute man sich beim Test noch über strahlenden Sonnenschein, so hingen am Rallye-Wochenende dicke, dunkle Wolken am Himmel.

Am Freitag stand die Streckenbesichtigung auf dem Programm. Dabei versuchen Fahrer und Beifahrer/in einen möglichst perfekten Aufschrieb der Rallye-Strecken zu erstellen. Jeder Fahrer hat hier seinen eigenen Stil und die Zusammenarbeit bedarf einer gewissen Routine. Für Sulzinger war es der erste Start mit der jungen Hanna Ostlender (Trier) auf dem „heißen Sitz“, also zusätzliches Neuland.

Um es gleich vor weg zu nehmen – der ehemalige Deutsche Junior Rallye Meister und FIA Central Rally Trophy Meister für Frontantrieb-Fahrzeuge kam, sah und siegte.

Am Samstagmorgen startete er mit gemischten Gefühlen auf die äußerst anspruchsvollen Wertungsprüfungen. Doch bereits auf der allerersten Wertungsprüfung (WP) nach der langen Pause, setzte er ein Ausrufezeichen. Zweitschnellste Zeit in der Klasse und die siebschnellste Zeit insgesamt. Man bedenke, dass ein Fahrzeug aus der höchstzulässigen Kategorie „Rally2“ mit Allradantrieb pro Kilometer 2,5-3 Sekunden schneller ist als ein frontangetriebenes Fahrzeug der Rally4. Aufgrund eines Unfalls wurde die WP2 unterbrochen und schließlich abgesagt. Zurück im Service gab es nur eine Frage: „welche Reifen?“

Man entschied sich für mittelharte Slick-Reifen vorn, sowie eine weiche Mischung auf der Hinterachse und 2 Stück als Reserve. Noch 1 km vorm Start von WP3 war es trocken. Doch dann kam der Regen. Wohlwissend, dass nur Schadensbegrenzung möglich ist und die Fahrt mehr einem „Kampf ums Überleben gleicht“, behielt der Tittlinger die Nerven und brachte den Fiesta jeweils auf P6 in der Klassewertung ins WP-Ziel. Für die letzte Schleife zog man – wie viele später startende Konkurrenten bereits in der Schleife zuvor – Regenreifen auf. Auf Rang 11 im Gesamt und Rang 3 in der Klasse mit 10 Sekunden Rückstand starteten Sulzinger/Ostlender in die WP5 „Skorno“.

Knapp 3 Sekunden waren die Beiden auf den rund 10km schneller als der nächste Teilnehmer ihrer Klasse – mit Simon Wagner einer der Top-Piloten im internationalen Rallyesport aus Österreich. Vor der allerletzten WP liegen Wagner (P1), Skulj (P2) und Sulzinger (P3) nur 1,3 Sekunden auseinander. Die wechselhaften und äußerst anspruchsvollen 15,5km von „Zavodnje“ verlangen – nicht nur im Regen – den Fahrern alles ab. Raffael Sulzinger/Hanna Ostlender fahren sage und schreibe 11,1 Sekunden schneller als Wagner und 31,7 Sekunden schneller als Skulj (P3). Das bedeutete eine drittschnellste Zeit im Gesamtklassement, gerade einmal 1,7 Sekunden pro Kilometer langsamer als der schnellste (!) Rally2.

Mit dieser überragenden Leistung fährt der selbständige Fahr-Instruktor auf Gesamtrang 6 vor und holt sich den Sieg der Frontantrieb-Fahrzeuge (2WD) mit knapp 10 Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzierten. Im Mitropa Rally Cup belegt Sulzinger damit den 3. Gesamtrang. Zu dieser Meisterschaft zählen 7 Rallyes in 4 verschiedenen Ländern. Darunter auch die heimische ADAC-3-Städte Rallye im Landkreis Freyung-Grafenau (14.-16. Oktober). Trotz dieses sensationellen Erfolges blickt er nachdenklich in die Zukunft. „Wir müssen zusätzliche Werbe-Deals mit Unternehmen fixieren, um die Kosten für weitere Starts abdecken zu können. Erfolg allein reicht nicht aus, es bedarf harter Arbeit im Vorfeld jeder Rallye. Wir geben aber immer unser absolut Bestes und sind mit Leib und Seele aktiv.“, verrät er.

Foto: Lothar Bökamp